Um Veränderungen nachhaltig zu gestalten und in den Kollegenkreis zu tragen, haben wir in unserer Kanzlei verschiedene Wege ausprobiert. Wir etablierten zunächst ein digitales Team, das jedoch vom Rest der Kanzlei abgekoppelt agierte. Wir versuchten es über einzelne Spezialisten. Heute arbeiten wir mit einem digitalen Arbeitskreis. Dieser „Digi-Runde“ gehören vier digital versierte Mitarbeiter aus jedem Teambereich und sporadisch ich als Kanzleiinhaberin an.
Der Arbeitskreis trifft sich alle 14 Tage für etwa 90 Minuten und wir tauschen uns über neue Entwicklungen oder anstehende Aufgaben aus. Weil niemand in der Lage ist, sämtliche technischen Fortschritte im Blick zu behalten, setzen wir mit diesem Arbeitskreis bewusst auf die Intelligenz der IT-affinen Mitarbeiter unter uns. Grundidee ist es, das Thema Digitalisierung als gemeinsames Projekt der Kanzlei zu gestalten. Damit wird kein einzelner Mitarbeiter allein gelassen. Gleichzeitig vermeiden wir aber auch, dass immer sofort alle eine Idee umsetzen müssen, auch wenn diese vielleicht erst in der Erprobung ist.
Stattdessen funktioniert unser digitaler Arbeitskreis wie eine Art digitales Labor, in dem wir gemeinsam Neues im Kleinen ausprobieren und diskutieren können, bevor wir neue Vereinbarungen und Festlegungen in einem zweiten Schritt dann für die gesamte Kanzlei realisieren. Auf diese Weise etablieren wir eine Kultur der zwei Geschwindigkeiten: Für die digitalen Treiber unserer Kanzlei ist der Arbeitskreis eine Spielwiese, um das ganze digitale Potenzial unseres Unternehmens in einem geschützten Raum zu erarbeiten und gegebenenfalls auszuschöpfen.
Die Mitarbeiter, die ihre Arbeitsroutinen und mitunter Schwierigkeiten mit neuen digitalen Lösungen haben, können im Tagesgeschäft „unbehelligt“ arbeiten. Sie werden von ihren digitalen Kolleginnen und Kollegen behutsam an neue Ansätze herangeführt, wenn diese ausgereift sind. Zugleich fungiert der Arbeitskreis als Verstetigung unserer digitalen Agenda. Durch das 14-tägige Meeting, das fest im Terminkalender verankert ist, zwingen wir uns dazu, uns regelmäßig mit digitalen Themen auseinanderzusetzen.
Wer digitale Wege gehen will, kommt meines Erachtens nach nicht an einem solchen Arbeitskreis vorbei. Das gilt insbesondere, wenn Sie mit Ihrer Kanzlei in Sachen Digitalisierung eher am Anfang stehen. Setzen Sie auf eine interne Keimzelle der Digitalisierung, um Ihre Mitarbeiter nicht von Beginn an zu überfordern. Gewinnen Sie stattdessen die Mitarbeiter für digitale Aufgabenstellungen, die dieses Thema genauso engagiert vorantreiben wollen wie Sie selbst.
Ines Scholz: Go digital: Neues Denken in der Kanzleiführung. Mit 48 Workhacks den Datenschatz heben